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Digitale Ausfuhr – Mwst aus D in die Schweiz

Die uralte, immer wieder neu diskutierte Geschichte der Bagatellgrenze war über viele Jahre das Hauptthema. So hatte zunächst Digitalisierung eines Ausfuhrscheins keinen Platz.

Bagatellgrenze für die Mehrwertsteuerrückerstattung 

Immer mal wieder wurde die Bagatellgrenze für die Mehrwertsteuerrückerstattung diskutiert. Der Zoll forderte es immer wieder, weil der Aufwand fürs Stempeln um die Ausfuhr zu bestätigen hoch sei. Unternehmer und Unternehmensverbände befürchteten Umsatzeinbrüche, wandten sich an Politiker, es wurde diskutiert und bis 2019 wurde unterm Strich jedwede Grenze abgelehnt.

1984 wurde die diskutierte Bagatellgrenze von 50 DM schlussendlich abgelehnt.

1999 forderte der Zoll erneut eine Grenze, diesmal von 200 DM, in Konstanz ging es damals um rund 1500 Ausfuhrscheine täglich. Wieder wurde mit Umsatzeinbrüchen und womöglich dem Verlust von Arbeitsplätzen in der Grenzregion argumentiert und es kam keine Grenze.

Trotz teils ungünstigem Wechselkurs, bei starkem Euro im Vergleich zum Schweizer Franken stieg die Ausfuhr auch in den nächsten Jahren stetig an. 2011 wurde erstmals der digitale Ausfuhrschein als Arbeitserleichterung diskutiert statt einer Bagatellgrenze.

Schweizer Nationalbank stoppt den Mindestkurs

Euro, Schweizer Franken, Währung, Wechselkurs, € - CHF

Am Donnerstag, den 15. Januar 2015 stoppte die Schweizer Nationalbank ihr Vorgehen einen Mindestkurs weiterhin zu stützen. Diese Entscheidung kam plötzlich und für alle unerwartet.

Auch wir hatten anders geplant und wollten an sich im März 2015 erneut unsere Räume als Versanddepot nutzen. Stattdessen entschieden wir, dass wir die Änderung als Chance sehen, miradlo nutzt Währungschaos. Unsere Webseiten mit der Möglichkeit sich anzumelden gingen noch Samstagabend, am 17. online. Unser Geschäft öffnete erstmals am 19. Januar also nur vier Tage später. Von Anfang an hatten wir sehr kundenfreundliche Öffnungszeiten.

Für die Banken in der Schweiz kam der Ansturm so plötzlich, dass es bei vielen Banken keine Euroscheine mehr gab. Statt des bisherigen Wechselkurses von 1,20 CHF für 1 € gab es zunächst fast einen 1:1-Kurs. Nur 1,02 CHF mussten für einen Euro bezahlt werden.

Der Kurs hielt einige Monate, nach und nach ging es jedoch wieder weg von dem 1:1 Kurs. Wir passten im September 2015 an. Die nächste Veränderung dauerte länger, doch ab August 2017 passten wir den bei uns geltenden Kurs nochmals an. Seither gab es keine für uns relevanten Schwankungen, wir haben seither 1,25 CHF für 1€.

Zoll in Konstanz stoppte das Stempeln

Im Herbst 2015 stoppte der Zoll für rund einen Monat die bisherige Praxis der Ausfuhrbescheinigung für Lieferungen aus dem Onlinehandel. Plötzlich gab es sie nicht mehr, die bestätigte Ausfuhr in die Schweiz und entsprechende Umsatzsteuererstattung.

11.9. bis 14.10.2015 kein Ausfuhrschein

Rund 12.000-mal stempeln die Zollmitarbeiter in Konstanz derzeit an jedem einzelnen Werktag, um die die Ausfuhr in die Schweiz zu bestätigen. Hiermit können sich die in der Schweiz wohnenden die Mehrwertsteuer von vielen Händlern erstatten lassen.

Grenze in Konstanz-Kreuzlingen und Ausfuhrhinweise des deutschen Zolls, kein Hinweis auf Lieferadressen

Auf Grund dieser Unmenge an Aufwand wurde in Deutschland der Ruf nach einem Mindestbetrag für die Mehrwertsteuer-Rückerstattung – einer sogenannten Bagatellgrenze – immer lauter. Das Bundesfinanzministerium prüfte eine entsprechende Änderung im Auftrag des deutschen Bundestages. Zur Diskussion stand ein Mindestbetrag von 175 Euro, umgerechnet rund 200 Franken.

Wieder einmal Bagatellgrenze

Ausfuhrschein nur noch für lokalen Handel - Mehrwertsteuerrückerstattung bei Ausfuhr aus D nach CH - miradlo Versanddepot - Die Lieferadresse


Deutsche kennen Mindestbetrag schon länger, denn es war bereits das dritte Mal, dass Deutschland über eine Bagatellgrenze nachdachte. Vor allem süddeutsche Regionalpolitiker liefen immer wieder gegen die Einführung eines Mindestbetrags Sturm. Sie fürchteten sonst um die zahlreichen Kunden aus der Schweiz.

Deutsche kennen eine solche Bagatellgrenze von ihren Einkäufen in der Schweiz schon lange. Für sie wird die Steuer erst ab einem Einkaufsbetrag von mindestens 300 Franken erstattet.

2016: Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit digitalem Ausfuhrschein

Eine Arbeitsgruppe, die aus Fachleuten der Zollverwaltung und 34 Einzelhändlern aus der Region besteht, sollte sich mit dem Thema digitaler Ausfuhrschein beschäftigen. Denn auch die Händler hofften, dass es schneller und einfacher geht mit der Mehrwertsteuerrückerstattung. Eine Bagatellgrenze lehnten sie ebenso wie die IHK ab.

2017: Eine neue Arbeitsgruppe gründet sich

Im März gründet sich eine neue Arbeitsgruppe: Der deutsche Zoll will zusammen mit dem IT-Dienstleister des Bundes eine digitale Lösung für das Stempeln der Ausfuhrscheine entwickeln. Die Schweizer Einkaufstouristen sollen sich so den Gang zum deutschen Zoll, wo heute die Ausfuhrkassenzettel per Hand gestempelt werden, sparen.

Veranstaltung, ein Weg im Sonnenschein hinten der See, einige Menschen und die verschiedenen roten Metallskulpturen der Kunstgrenze

Jürgen Wamser, Pressesprecher der Generalzolldirektion, macht damals die Dimensionen des Projektes deutlich: „Es geht um ein automatisiertes Massenverfahren mit rund 17 Millionen Ausfuhrkassenzetteln jährlich allein bei Warenausfuhren in die Schweiz.“ Dabei müsse sichergestellt sein, dass das GPS-gestützte System auch zuverlässig erkennt, wenn eine Person mit ihren Waren aus Deutschland in die Schweiz ausreist.

Dass dieses Projekt dauern wird, zeichnete sich also schon damals ab. Nur wenige Monate später teilte das Bundesfinanzministerium mit: Eine elektronische Abwicklung der Mehrwertsteuer-Rückerstattung wird es wohl nicht vor 2020 geben. Eine Test-Phase, die 2018 starten sollte, kam nicht – stattdessen forderte der Haushaltsausschuss des Bundestags vor der Einführung eine gründliche Untersuchung über die Kosten und rechtlichen Rahmenbedingungen.

Unterdessen setzte der Zoll zeitweise auf Stempel-Außenstellen wie etwa den Container am Bodenseeforum, der Ende 2023 geschlossen wurde.

Mitte 2017: erneut Forderung nach Bagatellgrenze

Hatte sich Ex-Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble immer gegen eine Bagatellgrenze ausgesprochen, kommt nun wieder Bewegung in die Debatte. Der Haushaltsausschuss des Bundestags fordert einen Gesetzentwurf. Einkaufstouristen aus der Schweiz sollen demnach erst ab einem Einkaufswert von 175 € die Mehrwertsteuer zurück erhalten. „Damit könnten Beschäftigte beim Zoll von sehr eintöniger und nervenaufreibender Arbeit entlastet werden, die Staus an den Grenzübergängen zur Schweiz würden verringert und der Staat hätte nach einer Schätzung des Bundesrechnungshofs Mehreinnahmen von rund 300 Millionen Euro“, kommentierte ver.di Baden-Württemberg.

2018: Politiker fordern Tempo

Schnelle, elektronische Abwicklung von Ausfuhrscheinen am Zoll? Klingt gut, war aber noch immer nicht mehr als eine Ankündigung. Diverse Bundestagsabgeordnete aus Südbaden forderten von Bundesfinanzminister Olaf Scholz beim Entwickeln der Technik mehr Tempo ein. Denn noch ist unklar, ob und wie die App überhaupt funktionieren würde – und wie viel sie den Bund kosten würde.

2019: Konstanzer HTWG-Studentin entwirft digitalen Ausfuhrschein

Wesentlich schneller ist eine Studentin der Konstanzer Hochschule HTWG. Die Designstudentin Vanessa Schätzle entwickelte im Rahmen ihrer Bachelorarbeit das Konzept für einen digitalen Ausfuhrschein.

Ihr Lösungsvorschlag basiert auf drei Säulen: einer App mit dem Namen „getVAT“, die der Kunde auf dem Smartphone hätte, einer Software beim Einzelhändler und einer Software beim Zoll. Idee: Der Kassenzettel würde abfotografiert und in die App geladen, die App würde via Standortabfrage erkennen, wann die Grenze überschritten wäre und gäbe den Ausfuhrschein frei, der Käufer würde bestätigen und der Einzelhändler erhielte ein automatisch generiertes Dokument für das Finanzamt.

Beim nächsten Einkauf genüge wieder das Handy, um die Mehrwertsteuer zurückerstattet zu bekommen. Eine Kontrolle an der Grenze fände stichprobenartig gleichfalls über die App statt. So einfach ginge das?

Messe, parkende Fahrzeuge, auch des deutschen Zolls am Rand einer grünen Wiese, vorn die verschiedenen roten Metallskulpturen der Kunstgrenze, im Hintergrund der See, ein Dampfer mit schweizer Fahne

„An sich würde das funktionieren, wenn die Programmierung zertifiziert ist“, erläuterte Schätzle, die die App zumindest als Lösung für Erstattungen im Bagatellbereich sähe. Denn die immer wieder vorgeschlagene Bagatellgrenze schade schließlich gerade den kleinen Einzelhändlern, so Schätzle. Sie würde ihr Konzept gerne den zuständigen Behörden und Einzelhändlern vorstellen.

2019: Entscheidung Bagatellgrenze im März?

Nach einer Fristverlängerung legte das Finanzministerium Anfang Februar 2019 dem Rechnungsprüfungsausschuss einen Bericht zum Thema Bagatellgrenze vor. Darin hieß es unter anderem, dass durch die Einführung einer Bagatellgrenze lediglich 85 bis 110 Beschäftigte weniger zum Stempeln benötigt würden. Außerdem würden sich die bei einer Wertgrenze von 150 € rechnerisch ermittelten Umsatzsteuer-Mehreinnahmen bei einer niedrigeren Grenze auf einen mittleren bis höheren zweistelligen Millionenbetrag verringern. Der Rechnungsprüfungsausschuss bekräftigte allerdings nochmals seine Forderung nach einer Wertgrenze.

Zum 31. März 2019 sollte das Finanzministerium nun einen neuen Bericht vorlegen.

Im Laufe des Jahres war es nach einigem Hin und Her und zwischenzeitlich sogar 175 € Bagatellgrenze im Gespräch. Festgelegt wurde dann doch die Grenze von 50 Euro ab Januar 2020.

Mehrwertsteuer-Bagatellgrenze

Die Bagatellgrenze gilt seit dem 1. Januar 2020 und mit den 50 €. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass am Zoll weiterhin alles abgestempelt wird. Denn ob Waren in die Schweiz gehen oder doch in ein anderes Land wäre nicht bekannt und daher würde weiter gestempelt.

Digitalisierung?

Im unternehmerischen Bereich ist die digitale Anmeldung (ATLAS) zur Ein- und Ausfuhr von Waren schon sehr lange Standard und wird stetig weiter entwickelt.

Ausfuhrschein evtl bald nur noch Altpapier, weil elektronisch,statt manuell? - Lieferadresse miradlo

Im Bereich der Endkunden wurde erst im Januar 2022 ein Streit zwischen dem deutschen Bundesrechnungshof und dem Finanzministerium beigelegt, der der Digitalisierung der Mehrwertsteuererstattung im Weg stand.

An sich meldeten sich Industrie- und Handelskammern, Vertreter des Handels und des Handelsverband Südbaden sie würden den digitalen Ausfuhrschein gern testen.

2024: Ausfuhrschein auf Papier

Auch im März 2024 konnte ich nur Planungen des Zolls finden. Es soll, es ist gewünscht, es gehe weiter, doch unterm Strich noch keine relevante neuen Informationen zum digitalen Ausfuhrschein. Es bleibt also vorerst beim grünen Papier.

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